Sonst stehen Musikschüler auf der Bühne und unsere Lehrer begleiten sie. Nicht so beim „Dozentenkonzert“ der Musikschule im Bürgertreff Kilianstädten. Dass die studierten und diplomierten Spezialisten mehr können, als im Musikschulalltag sichtbar, zeigten zehn Dozenten der Musikschule unterstützt von zwei externen Pianisten. Auch Dozenten müssten täglich mehrere Stunden üben. Nur selten gelingt dies – absurderweise beruflich bedingt. Da kommt das Einstudieren von Kammermusik, also Werken, die noch ins heimische Übezimmer passen, gelegen. So auch der erste Beitrag des Abends: Die Flötistin Heike Reinking hatte sich auf Anregung ihres Gelnhäuser Pianisten Stephan Schwarzacher die viersätzige programmatisch komponierte „Undine-Sonata e-moll, op. 167“ von Carl Reinecke vorgenommen. Sie ist das einzige Flötenwerk der Romantik, basierend auf der Novelle „Undine“ von Friedrich de la Motte Fouqué. Stephan Schwarzacher erläuterte kenntnisreich die traurige Geschichte der Nixe Undine, mit ihrer unglücklichen Liebe zum Ritter Huldbrand. Das Duo Heike Reinking – Stephan Schwarzacher zeigte sich bestens eingespielt, bezauberte durch Lautmalerei, atemberaubende, perlende Läufe, ergreifende Tragik. Eine großartige Leistung, die mit anhaltendem Beifall belohnt wurde.

Anschließend verzauberte der Gitarrist János Vajda mit der „Homenaje“ „Pour le Tombeau de Debussy“ einem 1920 komponierten Solowerk für Gitarre von Manuel de Falla. Das nicht nur eine Huldigung an den Flamenco enthält, sowie auch ein kurzes Zitat von Debussy mit dem die Musik in die Unendlichkeit entschwindet. Der „Musikalische Grabstein“ war zum Gedenken an große Komponisten war vor allem in der Lautenmusik des 16. und 17. Jahrhunderts verbreitet. Claude Debussy, an den hier erinnert wird, starb vor einhundert Jahren.

Stilistisch nahe der Homenaje de Fallas, folgte Maurice Ravels „Pavane pour une Infante Défunte“. Das Werk war in der Orchesterversion bereits im Mai in Nidderau zu erleben. Die beiden Pianistinnen Ann Bernstein und Anna Mixa hatten sich die vierhändige Fassung der Pavane vorgenommen, deren Titel „Pavane für eine entschlafene Prinzessin“ wählte Ravel aus Freude an der Alliteration der Formulierung. Die Musik beschwöre „eine Pavane, die eine kleine Prinzessin einst am spanischen Hof hätte tanzen können“. Das Zusammenspiel zweier Pianisten, die sich eine Klaviatur und die Pedale teilen müssen, ist technisch äußerst heikel. Es erfordert eine präzise Übereinstimmung, die erst nach längerem Musizieren erzielt werden kann. Ann Bernstein und Anna Mixa zeigten sich bestens vorbereitet.

Die romantischen Klarinettenwerke Carl Maria von Webers sind für Klarinettisten obligatorisch. Alle, auch das „Grand Duo concertant“, op. 48 sind der Freundschaft Webers zum Klarinettisten Heinrich Baermann zu verdanken. Klarinettistin Inga Stutzke und Pianist Stephan Schwarzacher zeigten sich im „Allegro con fuoco“ gleichermaßen virtuos auftrumpfend und musizierten mit Einfühlungsvermögen und blindem Verständnis. Eine große opernartige Auftrittsgeste stellt beide Instrumente vor, eingebettet die zarte Gassenhauermelodie „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“, mit Augenzwinkern und schmelzendem Ton gespielt. Ein Dialog beider Instrumente entsteht. Mit rasanten Läufen und wuchtigen Akkorden endete der großartige erste Satz des Duos und entließ das begeistert applaudierende Publikum in die Pause.

Nun überraschte eine Uraufführung des Pianisten, Cellisten und Komponisten Valentin Haller, der eine launige Einführung in seine neueste Komposition „moderner, ernster Musik“ gab. Für die ungewöhnliche Besetzung Violoncello, Posaune und präparierten Flügel hatte Haller ein Trio im Stile des Spektralismus geschrieben, das sich mit den Obertönen der Klänge beschäftigt. Die drei Instrumente trafen intonatorisch immer wieder aufeinander, pendelten sich nach kurzem Suchen auf selber Tonhöhe ein, verließen einander. Hallers fundierte Kenntnis der Klangerzeugung sowie der Spielweisen von Violoncello und Posaune ließ einen ungeheuren Farbreichtum der Klänge entstehen. Eine Komposition nicht ohne Humor, uraufgeführt von Daniela Craul, Violoncello, Andreas Weil, Posaune sowie dem Komponisten Valentin Haller am Flügel und vom Publikum mit reichlich Applaus bedacht.

Danach brillierten Trompeter Roman Mixa und seine Frau Anna Mixa, die den Orchesterpart am Klavier übernahm, in Alexander Arutjunjans Trompetenkonzert. Ungeachtet der armenischen Wurzeln des Komponisten besticht dieses einsätzige, jedoch mehrteilige Werk für Trompete und Orchester durch französisch anmutendes, expressionistisches Flair, es revolutionierte die Kunst des Trompetenspiels, ist obligatorisch für Studium und Orchesterprobespiel. Dem mit unglaublich weichem Ton und niemals aufdringlich spielenden Roman Mixa wurden neben höchsten technischen Anforderungen musikalische Linienführung und Einfühlungsvermögen abverlangt.

Ein vollkommen anderes Genre bedienten zum Ende der Veranstaltung Kerstin Helfricht, Gesang und ihr Klavierpartner Jörg Ditzel. Beide hatten sich Film-Schlager der UFA ausgesucht. Sie begannen mit Franz Doelles „Wie ein Wunder kam die Liebe“ aus „Königswalzer“ von 1935. Es folgten zwei Lieder von Peter Kreuder aus dem Film „Kora Terry“ von 1940. Zunächst „Für eine Nacht voller Seligkeit“ danach „Wenn es Frühling wird“. Die im Vergleich zu heutiger Schlagermusik sehr anspruchsvolle Klavierbegleitung wurde von Jörg Ditzel routiniert beigesteuert. Kerstin Helfricht zeigte mit ihrer Bühnenperformance neben einer gut disponierten Sopranstimme ihr komisches Talent.
Schulleiter Christoph Möller dankte seinen Kolleginnen und Kollegen auf das herzlichste und unterstrich die hohe künstlerische Qualität des Konzertes. Ein Dank ging ebenfalls an das „Kilians“ für die Bewirtung. www.musikschule.online